Ilfospeed« 2020; pigment print 108 cm x 80 cm in artist’s frame, edition: 5
Raindogs and Stray Cats« 2020; pigment print 100 cm x 70 cm in artist’s frame, edition: 5
Archiv und Erinnerung
[…] Als ich voller Neugier meine Archive (Schachteln) durchging war ich doch sehr enntäuscht über das was ich vorfand.
Die Schachteln an sich waren spannender.
[…] Zusammenhänge von Style und damit verbundene Kommunikationsformen sind etwas, das meine Arbeiten länger schon begleitet. Gruppenzugehörigkeiten
oder der Wunsch danach …….
Die direkte Kommunikation über T-Shirts, oft stark individualisiert und manchmal selbstgemacht waren für mich oft Anknüpfunspunkte des Kennenlernens und daraus resultierender Portraits. Bei dieser Werkgruppe handelt es sich um meine eigenen Unikate von Shirts. Hier spielt die Beziehung zu Dingen mit hinein und wie fotografische Prozesse helfen mit dieser Objektbeziehung umzugehen.
Musterung« 2022; Kunstmuseum Ravensburg by Sabine Maria Schmidt und Kristina Groß
AKIRA, 2020
RAINDOGS AND STRAY CATS, 2020
ANFLUG 2, 2020
VOTE FOR PEDRO, 2020
Innerhalb seiner fotografischen Arbeit nimmt das Porträt seit vielen Jahren das zentrale Interesse von Oliver Sieber ein. Als Genre, das mit Aspekten der Identität
in vielschichtiger Weise verbunden ist, interessieren ihn besonders »Phänomene wie Gruppenzugehörigkeiten und Identitätsbildung (…). Geschlechterzugehörigkeiten,
das Erwachsenwerden, Sich-zueinander-in-Beziehung-Setzen.«
Die vier ausgestellten Pigmentdrucke erinnern im ersten Moment nicht an klassische Porträts, sondern zeigen die Front von geprinteten T-Shirts. Als autobiographischen Akt, einer Form des Selbstporträts, kopierte Sieber liebgewonnene, jedoch abgetragene T-Shirts, bevor er sie entsorgte, um sie als Pigmentdruck hinter Rahmen in die Ausstellungsräume zu bringen. Als schützende Hülle erfüllt Kleidung als Textil nicht nur funktionale Kriterien, vielmehr dient sie der Konstruktion und Konstitution von Identität und lässt Muster von Zugehörigkeiten erkennbar werden. Hinter Oliver Siebers T-Shirts verbergen sich sowohl persönliche Geschichten, der japanische Barmann, der ihm ein T-Shirt seiner Lieblingsbands überließ, als auch Bezüge zur Pop- und Musikkultur, wie z.B. AKIRA, der Titel einer Manga-Serie von Katsuhiro Otomo
(* 1954, JP), die erste deutschsprachige Manga-Serie überhaupt, deren Prophezeiung, dass die Welt 2020 von einem Virus befallen wird, mit der globalen Corona-Pandemie eine unheimliche Verwirklichung fand. Dass kulturelle Kontexte zu politischen werden können, zeigt der Slogan »Vote for Pedro«. Ein Slogan, der im Independent-Film »Napoleon Dynamite« (2004) von Jared Hess, einen der Hauptdarsteller bei seiner Wahl zum Klassensprecher unterstützen soll, fand Anklang bei der Generation der Millennials und erlangte auf Tassen, Handyhüllen und T-Shirts soweit Popularität, dass er z. B. bei der Präsidentschaftswahl 2016 in den USA als Wahlkampfslogan gegen beide großen politischen Parteien auftauchte.
Kristina Groß